Wer als Kind die Blitz-Bücher von Walter Farley gelesen hat, kennt diese Regel. Allen anderen erklärt Harald Siemen, Chef Handicapper bei Deutscher Galopp, das GAG:
Ein Pferderennen ist eigentlich eine einfache Sache. Wer zuerst im Ziel ist, hat gewonnen. Das ist das Grundprinzip und ein Besucher, der nur zum Vergnügen auf die Rennbahn geht, braucht auch gar nicht viel mehr zu wissen.
Komplizierter wird es erst für den, der hinter die Kulissen schaut. Für den stellen sich mit einem Male viele Fragen. Warum zum Beispiel gibt es so viele verschiedene Arten von Rennen und warum tragen in manchen Rennen alle Pferde das gleiche Gewicht, in anderen wiederum ganz unterschiedliches? Was ist ein Gruppe- oder ein Listenrennen, was ist ein Ausgleichsrennen und was, um Himmelswillen, bedeuten die drei ominösen Buchstaben GAG?
Also: Das GAG ist eine Abkürzung und steht für Generalausgleichsgewicht. Anhand seines GAGs (man sagt auch Handicapmarke oder Rating) kann man sofort erkennen, ob es sich um ein mäßiges, gutes oder sehr gutes Rennpferd handelt. So wie in der Leichtathletik die beste Zeit, Weite oder Höhe unmittelbar eine klare Vorstellung über das Leistungsvermögen eines Sportlers oder einer Sportlerin gibt, so gibt das GAG ohne weitere Erklärung Aufschluss über die Leistungsfähigkeit eines Galoppers. Das GAG drückt die auf der Rennbahn gezeigten Leistungen in Kilogramm aus, wobei die Spannweite von 48 Kilo für das leistungsschwächste bis hinauf zu 100 Kilo (und manchmal auch darüber hinaus) für das beste Pferd reicht.
Wie kommt nun ein Pferd zu seinem GAG, seinem Rating? Hier kommt der Ausgleicher (auch Handicapper genannt) ins Spiel. Der Handicapper ist eine vom Dachverband Deutscher Galopp bestellte Person, der die Ratings für jedes Pferd festlegt. Seine Arbeit beruht auf dem physikalischen Gesetz, wonach Gewicht einen entscheidenden Einfluss auf die Geschwindigkeit eines Pferdes ausübt. Über die Jahrhunderte hat man die Erkenntnis gewonnen, dass sich in einem Rennen über eine mittlere Distanz eine Pferdelänge durch ein Kilogramm Gewicht ausgleichen lässt. Erreicht also Pferd A unter gleichem Gewicht das Ziel eine Länge vor Pferd B, so darf erwartet werden, dass beim nächsten Aufeinandertreffen beide Pferde gleichzeitig das Ziel erreichen, wenn Pferd A ein Kilo mehr trägt als Pferd B. Geleitet von diesem Prinzip kann der Ausgleicher die Leistung eines Pferdes im Verhältnis zu den Gegnern für jedes Rennen berechnen.
Diese Berechnungen und die sich daraus ergebende Handicapmarke (das GAG) bilden die Grundlage für die Durchführung der Ausgleichsrennen, auch Handicaps genannt. Etwas mehr als die Hälfte aller Rennen in Deutschland sind Handicaps, in denen das im Rennen zu tragende Gewicht nach ihrem GAG berechnen wird. Sinn dieser Rennen ist, Pferde unterschiedlichen Könnens gleiche Aussichten auf den Gewinn eines Rennens zu geben. Ohne diese Art von Rennen, würden die wenigen guten Pferde nahezu alles und die vielen schwächeren Pferde kaum etwas gewinnen. Für die meisten Besitzer bieten daher Handicaps die besten Aussichten auf den Gewinn eines Rennens. Ein Pferd erhält erstmals ein GAG wenn es entweder gesiegt oder drei Mal an einem Rennen teilgenommen hat. Dieses GAG verändert sich in der Folgezeit je nach den gezeigten Leistungen nach oben oder nach unten. Gewinnt das Pferd, erhält es in der Regel ein Aufgewicht von drei bis fünf Kilo, endet es unplatziert wird ihm ein Nachlass gewährt, der in Regel ein bis anderthalb Kilo beträgt. Die Ausgleichsrennen sind in Klassen eingeteilt, die vom Ausgleich IV für die schwächeren bis zum Ausgleich I für die besten Handicapper (so nennt man Pferde, die in den Handicaps starten) reichen. So ist ein Ausgleich IV für Pferde mit einem GAG von 48 bis ca. 60 Kilo gestimmt, im Ausgleich III starten Pferde mit einer Handicapmarke zwischen 58 und 70 kg. In der höchsten Klasse starten schon Pferde, die dicht an die Spitzenklasse heranreichen. Gewinnt ein Pferd einen Ausgleich I mit hohem Gewicht, hat er sich aus dem Handicapsystem herausgelaufen. Er muss dann in den großen Rennen gegen die besten Pferde antreten, also in den so genannten Listenrennen oder sogar in den Grupperennen, die in drei Kategorien eingeteilt sind (I, II, III). Hier tragen alle Pferde in der Regel das gleiche Gewicht, denn in diesen Rennen soll tatsächlich der Beste gewinnen. Hat ein Hengst die GAG-Marke von 95 kg erreicht, qualifiziert ihn das für die Zucht. Für Stuten wird keine Mindestleistung verlangt um in die Zucht wechseln zu dürfen, aber trotzdem ein möglichst hohes GAG das Ziel eines jeden Züchters.