Studien zufolge leiden 90 Prozent aller Rennpferde und 60 Prozent aller Freizeitpferde an Magengeschwüren. Tierärztin Dr. Caroline Fritz (Fütterungs-Expertin bei Equistro) verrät, worauf man bei Haltung und Fütterung achten muss, damit es nicht zum "Equine Gastric Ulcer Syndrome" kommt. Und wie man mit betroffenen Patienten umgeht.
Wie entsteht ein Magengeschwür?
Studien zufolge leiden 90% aller Rennpferde an Magengeschwüren und sogar um die 60% aller Freizeitpferde, die in aktivem Training sind.
Für die Entstehung von Magengeschwüren ist die Magensäure der ausschlaggebende Faktor. Da das Verdauungssystem des Pferdes auf die kontinuierliche Futteraufnahme ausgelegt ist (naturgemäß nehmen Pferde täglich 16 Stunden Futter zu sich), werden auch die Verdauungssäfte wie Galle oder eben die Magensäure kontinuierlich produziert und in den Dünndarm bzw. den Magen abgegeben. Führt ein nicht optimal ausbalanciertes Haltungs-, Fütterungs- und auch Trainingsmanagement zur Entstehung von zu langen Fresspausen (6h oder länger), kann die vermehrt gebildete Magensäure auf Dauer die Magenschleimhaut angreifen und schädigen und es entstehen Läsionen. Man bezeichnet diese allgemein als Equine Gastric Ulcer Syndrome (EGUS). Pferde haben einen sogenannten einhöligen Magen (wie wir Menschen), der sich entsprechend des Aufbaus der Schleimhaut in zwei Bereiche unterteilen lässt: Im unteren Bereich befinden sich viele Drüsen, die neben der Magensäure auch andere Sekrete bilden, um die Magenschleimhaut vor Schädigung durch die Magensäure zu schützen. Im oberen Bereich befindet sich eine drüsenlose Schleimhaut, in der sich keine sekret bildenden Zellen befinden. Demnach unterscheidet man auch bei einem Magengeschwür, ob es im Bereich der drüsenlosen Magenschleimhaut oder im Bereich der Drüsenschleimhaut auftritt. Am häufigsten und auch in der Literatur gut beschrieben sind Magengeschwüre der drüsenlosen Magenschleimhaut. Diese kommen dadurch zustande, dass die vermehrt sich im Magen befindliche Säure nicht ausreichend durch Speichel abgepuffert und dem Futterbrei ausgiebig durchmischt wird. Dadurch kommt sie vermehrt mit der Drüsenlosen Magenschleimhaut in Berührung, wodurch diese auf Dauer geschädigt wird – es entstehen kleine Läsionen (Verletzungen) der Schleimhaut, die sich bei Nichtheilung zu einem Geschwür auswachsen können.
Warum sind vor allem Sportpferde von Magenproblemen betroffen?
Zu den Hauptrisikofaktoren, die das Entstehen von Magengeschwüren begünstigen können, zählen:
- Stress [z. B. durch häufige Standort- oder Vergesellschaftungswechsel ohne ausreichende Eingewöhnungsphasen, vielfältige Vorstellung auf PLS (Fohlenprämierung, HLP, Rennen, Turnier, Auktion etc.), Tierarzt, Hufschmied, häufiges Exponieren von lauten Geräuschen oder ungewohnten Situationen
- nicht optimiertes Fütterungsmanagement (lange Hungerphasen, wenig Raufutter, kurze Futteraufnahmezeiten, kraftfutterbetonte Rationen, Futterneid im Herdenverband);
- Stressverhalten fördernde Haltung (Boxenhaltung, wenig Auslauf, einseitiges Training, wenig Sozialkontakte, Rangkämpfe)
- häufige oder dauerhafte Behandlung mit steroidalen oder nicht-steroidalen Antiphlogistika (z.B. Phenylbutazon) ohne vorbeugende Gabe eines Magenschutzes (z.B. Omeprazol).
Woran erkenne ich, dass ein Pferd Magenprobleme hat?
Die Symptome sind besonders im Anfangsstadium relativ unspezifisch und vielgestaltig. Daher sind sie nicht immer einfach zu deuten. Hinweise auf das Vorhandensein einer Problematik mit einem Magengeschwür können folgende Symptome sein:
- Fressunlust (besonders Kraftfutter); Abmagerung; teilweise wiederkehrende, meist leichte Koliken
- Schmerzgesicht mit Zähneknirschen
- verminderte Leistungsbereitschaft oder Unwilligkeit während des Trainings noch mehr Leistung abzurufen (z.B. häufiges Schweifschlagen, Ohren anlegen bei Schenkelhilfe, nach hinten ausschlagen bei Schenkelhilfe oder Sporeneinsatz)
- Verhaltensänderung (Absonderung von der Gruppe, häufiges „in der Ecke stehen“ mit meist nach hinten gestellten Ohren und „pain face“)
- Schmerzen in der Gurtlage, die sich durch vermehrte Abwehrreaktionen beim Zuziehen des Gurtes äußern können (Ohren anlegen, beißen, treten)
Wie werden Magengeschwüre behandelt?
Nach der Diagnostik und Klassifizierung des Schweregrades des Magengeschwüres steht vordergründig die Heilung der verletzten Magenschleimhaut an. Diese wird in der Regel mit Omeprazol gefördert. Dieser sogenannte Protonenpumpenhemmer sorgt dafür, dass weniger Magensäure produziert wird, sodass die drüsenlose Magenschleimhaut Zeit hat, sich zu erholen und abzuheilen.
Den weitaus größeren Anteil an der (Langzeit)-Therapie nehmen allerdings die Umstellung der Fütterung und das Haltungsmanagement ein. Die Ration eines Pferdes mit Magengeschwüren sollte immer genug Raufutter enthalten (mindestens 1-2 kg/100kg KGW) und Raufutter sollte im Verhältnis zu Kraftfutter mindestens 2:1 angeboten werden. Zudem sollten die Fresspausen nie länger als ca. 4 Stunden sein und das Pferd sollte ausreichend Zeit für die Futteraufnahme und währenddessen keinen Zeitdruck durch ranghöhere Tiere haben.
Ebenfalls sollte die Haltung dahingehend optimiert werden, dass alle beeinträchtigenden Stressoren beseitigt werden und das Training des Pferdes entsprechend an den Fütterungsrhythmus angepasst wird. Idealerweise sollten Pferde nicht mit vollem Magen trainiert werden, da es hierdurch während der Durchmischung des Mageninhaltes mit der Magensäure und die während des Trainings stattfindende Komprimierung des Magens vermehrt zum Kontakt zwischen Magensäure und drüsenloser Magenschleimhaut kommen kann. Daher sollte die Fütterung (insbesondere von Kraftfutter) idealerweise nach dem Training erfolgen, da es hierbei auch beim Kauvorgang zu einer nicht ausreichenden Durchmengung des Futters mit Speichel kommt, welcher die Magensäure abpuffert, wie es vergleichsweise bei Raufutter passiert.
Wie kann man Magen-Pferde durch stressige Situationen (Transport, Umzug u.v.m.) bringen?
Man sollte dem Pferd Zeit zum Gewöhnen geben; wiederkehrende stressige Situationen möglichst wiederholen und üben. Gut vergesellschaftete Pferde sollte man idealerweise immer zu zweit transportieren. Eine Bezugsperson kann beruhigend auf das Pferd einwirken und durch das Vertrauensverhältnis besänftigend wirken. Zudem können unterstützend auch Ergänzungsfuttermittel helfen, dem Pferd unangenehme Situationen zu erleichtern (z.B. Zylkene Equine, EQUISTRO EQUILISER).